Künstliche Intelligenz ermöglicht innovative digitale Lösungen, um die Entscheidungsfindung zu unterstützen – zum Nutzen aller Beteiligten. An diesen intelligenten Verteidigungsanwendungen der Zukunft forscht HENSOLDT auch in enger Zusammenarbeit mit spezialisierten Innovationspartnern.
Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) zählt zu den wichtigsten Schlüsseltechnologien unserer Zeit. Schon heute analysiert sie visuelle Daten und kann mithilfe von Sensoren riechen, fühlen und – in Form von Alexa, Siri und Co. – sogar hören und sprechen. Sie wird vielseitig eingesetzt und ist bereits zu einem festen Bestandteil in Bereichen wie Produktion, Finanzen und Gesundheitswesen sowie in unserem täglichen Leben geworden.
Die Anwendung in Verteidigungssystemen stellt naturgemäß besonders komplexe Anforderungen an KI. HENSOLDT nutzt KI in nahezu allen Kerntechnologien des Unternehmens und erweitert seine KI-Expertise fortlaufend. Denn nur mit KI kann die immer größer werdende Datenmenge schnell und zuverlässig innerhalb von oftmals nur Millisekunden verarbeitet und ausgewertet werden. Nur so entsteht ein Automatisierungsgrad, der ein zeitgerechtes, wirkungsoptimiertes Handeln ermöglicht und dabei Ressourcen schont und Kollateraleffekte minimiert. Der Mensch wird durch die Vorbereitung von Handlungsoptionen entlastet, aber soll und muss gleichzeitig immer in die Steuerung eingebunden bleiben. Die KI soll unterstützen, darf aber nie eigenständig entscheiden. Darum hat sich HENSOLDT den Prinzipien der Europäischen Kommission verpflichtet, die diese in Bezug auf vertrauenswürdige KI-Systeme formuliert hat.
Um die zukünftige Rolle von KI in Verteidigungsanwendungen zu erforschen, geht HENSOLDT bereits heute den nächsten Schritt. In Kooperation mit der Helmut-Schmidt-Universität der deutschen Bundeswehr in Hamburg werden mögliche Einsatzszenarien für die KI der Zukunft entwickelt und erprobt. Im Mittelpunkt dabei: eine KI, die erstmals eine vorausschauende Perspektive einnehmen kann. Das Forschungsprojekt trägt den Namen „GhostPlay“ und wird vom Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr (DTEC.Bw) finanziert.
Ziel von „GhostPlay“ ist es, nicht mehr allein aktuelle Daten noch effektiver und schneller auszuwerten. Die KI soll vielmehr das mögliche Verhalten der potenziellen Kontrahenten analysieren, daraus lernen und vorausschauend mögliche Gegenmaßnahmen entwickeln und empfehlen. KI ermöglicht damit taktisches Verhalten unter hochkomplexen Bedingungen, bei dem analog einem Schachspieler mehrere Züge des Gegenübers antizipiert werden und als Grundlage für die eigene Entscheidungsfindung genutzt werden. Das eröffnet völlig neue Dimensionen: Im Luftkampf könnte KI beispielsweise die kommenden Flugmanöver eines anderen Flugzeugs antizipieren. Die Marine könnte ihre Schiffe besser vor unbemannten Drohnenschwärmen schützen und ihre Torpedos gezielter einsetzen. Am Boden könnten Sensor-Effektor-Netze beispielsweise in Luftverteidigungssystemen in ihrem Zusammenspiel übergreifend gesteuert werden, um prädiktiv auf potenzielle Angriffe zu reagieren. Selbst aus dem Weltall soll die satellitengestützte Sensorik in alle Entscheidungsprozesse wirksam eingebunden werden.
Dabei kann nicht jede KI automatisch auch für jedes Einsatzszenario genutzt werden. Darum nutzt „GhostPlay“ verschiedene KI-Ansätze, aus denen dann die jeweils relevanten kombiniert werden. So werden bei Bodeneinsätzen die Kontrahenten – und damit deren KIs – zukünftig gegenseitig voneinander lernen und damit auch die KIs eine Lerndynamik beinhalten müssen. Drohnenschwärme dagegen verhalten sich heute noch nach relativ einfachen Regeln. Hier liegt die Herausforderung eher in der Vielzahl der Akteure, von denen jeder sicher erkannt werden muss. Zukünftig – auch das ist Bestandteil von „GhostPlay“ – werden aber auch Drohnenschwärme über KI gesteuert, für deren Abwehr wiederum spezielle Algorithmen entwickelt werden müssen.
HENSOLDT baut dabei auf seine tiefgreifende Erfahrung mit der Anwendung von KI in den unterschiedlichsten Bereichen auf: bei der Vernetzung von Sensoren und Effektoren. Bei der Auswertung von Aufklärungsdaten aus verschiedensten Sensoren, wie etwa der Kombination aus Passivradar, mobilem Radar und SPEXER-360‑Grad-Radar in der Luftverteidigung oder der Sensorfusion im „See Through Armour System“. Bei der auf die „Concepts of Operations“ seiner Kunden zugeschnittenen Nutzung und Verarbeitung von Daten auch aus zusätzlichen Quellen. Darüber hinaus bringt HENSOLDT insbesondere auch seine Expertise zu Simulationstechniken in der Produktentwicklung und im Ressourcenmanagement in das Projekt ein.
Dem von HENSOLDT geführten „GhostPlay“-Team gehören außerdem an: das auf KI-gestützte, vorausschauende Entscheidungsfindung spezialisierte Unternehmen „21strategies“ sowie die Borchert Consulting & Research AG für Strategie-, Konzept- und Szenarioentwicklung.
Gemeinsam entwickelt das Team KI-Systeme, die im Rahmen des Studienprojekts in Simulationen angelernt werden. Alle in der Simulation beteiligten Assets werden dabei durch KI befähigt. Anschließend sollen sie gegeneinander antreten und im militärischen Kontext selbstständig dazulernen, um zukunftsgerichtete Entscheidungen herbeizuführen. Es kommt also zum Aufeinandertreffen taktischer, intelligenter Systeme, die wechselseitig voneinander lernen: A erkennt das Verhalten von B, worauf B mit einer neuen Taktik wiederum A herausfordert. So sollen zukünftige militärische Einsätze durch KI analysiert, neue taktische Ansätze abgeleitet, die Anwendung neuer Technologien und Systeme bewertet und die Gefahren für Menschen und Maschinen unter Berücksichtigung ethischer Grundsätze minimiert werden. Gleichzeitig wird somit erforscht und dokumentiert, welche möglichen Risiken sich daraus ergeben können.
Die (perfekte) dritte Welle HENSOLDT nutzt bereits seit Jahren KI-Algorithmen in seinen Produkten. Bisher liegt der Fokus dabei auf den ersten beiden Wellen Künstlicher Intelligenz: dem Machine Learning und dem Deep Learning.
Beim Machine Learning werden Computer durch typische Muster in die Lage versetzt, neue Daten anhand dieser Muster zu klassifizieren und zuzuordnen.
Deep Learning geht eine Stufe weiter. Hier sind die Algorithmen deutlich komplizierter und in der Regel von menschlichen, neuronalen Netzen inspiriert. So können weitaus größere Datenmengen analysiert werden.
Projekte wie „GhostPlay“ öffnen nun die Tür zur dritten Welle der KI: dem Reinforcement Learning, das über faktenbasierte Entscheidungssituationen hinausreicht. Dabei wird eine KI so trainiert, dass sie sehr komplexe Entscheidungsstrukturen erkennen, auswerten und darauf basierend eine bestmögliche Entscheidung treffen kann. Dazu analysiert sie die Daten nicht nur, sie setzt sie auch in Kontext und lernt ständig hinzu.
Für Verteidigungsanwendungen kann Reinforcement Learning zukünftig in erster Linie in sehr komplexen Situationen zum Einsatz kommen, um domänenunabhängig noch intelligentere Entscheidungen zu ermöglichen.