Die Geschichte des Radars steht vor einem Quantensprung: Die Geräte zur Erkennung und Ortung werden volldigital und noch multifunktionaler. Ihre Aufklärungsfähigkeiten klettern damit auf ein bisher unerreichtes Niveau. HENSOLDT treibt diese Entwicklungen aktiv voran und prägt im Schulterschluss mit europäischen Partnern die Zukunft der Radartechnologie für den Heimatmarkt.
Den Grundstein für die Entwicklung des Radars legte Heinrich Hertz bereits 1886, als er feststellte, dass Radiowellen von metallischen Gegenständen reflektiert werden. Der Durchbruch erfolgte jedoch erst im Zweiten Weltkrieg, in dem die Radartechnik auf See und in der Luft große Bedeutung erlangte. Seitdem erfolgt die Aufklärung mittels Radar immer schneller, präziser und auf größere Entfernungen. Fast 100 Jahre nach den ersten Anwendungen steht nun mit der vollständigen Digitalisierung von Radarsystemen der nächste technologische Quantensprung an.
HENSOLDT hat unter anderem die Antennen seiner Radarsysteme bereits digitalisiert. Anstelle bisher üblicher mechanisch schwenkender Antennen kommen elektronisch schwenkbare „Active Electronically Scanned Array (AESA)“-Antennen zum Einsatz: im neuen Eurofighter-Mk1-Radar, im multifunktionalen Radar TRS‑4D/TRML‑4D zur Luftraumüberwachung und Zielerfassung, im SPEXER-Aufklärungsradar sowie im Luft- und Bodenüberwachungsradar PrecISR.
Eurofighter-Radar MK1 Für die nächste Tranche des Eurofighters mit dem Namen „Quadriga“ hat HENSOLDT das ECRS (Eurofighter Common Radar System) MK1 entwickelt. Die elektronisch schwenkbare AESA-Antenne vereint dabei eine ultrahochauflösende Überwachung des gesamten Luftraums mit einer schnelleren automatischen Erfassung und Verfolgung von deutlich mehr Zielen und einer verbesserten Zielführung von Lenkflugkörpern. Zusätzlich erhöht sich die Resilienz gegen Störversuche und verbessert damit die Überlebensfähigkeit des Eurofighters selbst in hochintensiven Konfliktsituationen. Auch aktuelle Eurofighter werden im Rahmen von Hard- und Software-Updates das neue ECRS-MK1-Radar von HENSOLDT erhalten.
Luft- und Bodenüberwachungsradar PrecISR Für vielseitige Anwendungen der luftgetragenen Luft- und Bodenüberwachung – von unbemannten Luftfahrzeugen über Hubschrauber bis hin zu Flugzeugen für Sondereinsätze – hat HENSOLDT das Multi-Missions-Überwachungsradar PrecISR entwickelt. Es ermöglicht selbst bei schwierigsten Umweltbedingungen die Überwachung eines großen Gebiets mit einem einzigen Überflug. PrecISR setzt die neuesten Errungenschaften der AESA-Technologie in ein hochleistungsfähiges und skalierbares Radar mit kompakter Größe sowie niedrigem Gewicht und Energiebedarf um. Damit eignet sich PrecISR in der Luft, auf See und an Land für eine Vielzahl von militärischen und zivilen Überwachungs- und Aufklärungsanwendungen – von Menschen- und Drogenhandel über Terrorismus, Piraterie und Schmuggel bis hin zu illegaler Fischerei, Ölverklappung und anderen Umweltbedrohungen.
HENSOLDTs AESA-Radare erzeugen die Sendeenergie je nach Antennengröße in mehreren hundert bis mehreren tausend kleinen Sende- und Empfangseinheiten direkt in der Antenne. Das macht sie deutlich weniger störanfällig und extrem flexibel einsetzbar im Vergleich zu mechanisch schwenkbaren Antennen mit zentraler Sende- und Empfangseinheit. Die durch diese Vielzahl an integrierten Sende- und Empfangseinheiten erreichte elektronische Strahlschwenkbarkeit erlaubt beliebige, fast verzugsfreie Richtungsänderungen. Dadurch können AESA-Radare viele verschiedene, sehr unterschiedliche Ziele verfolgen und praktisch gleichzeitig in alle Richtungen weitersuchen.
Ausgerüstet mit einer „Ground Moving Target Indication“-Funktion und hochmoderner Raum-Zeit-Filterung entdecken Multikanal-AESA-Radare bei der Land- oder Seeüberwachung Kleinstziele in starker Clutter- und Störer-Umgebung. Für luftgetragene Anwendungen erzeugt eine synthetische Aperture-Radar-Funktion detailgetreue Bilder durch Wolken hindurch und bei Nacht – aus über 100 Kilometern Entfernung.
Im nächsten Schritt treibt HENSOLDT die vollständige Digitalisierung seiner Radarsysteme voran. Dabei werden die bisher auch in AESA-Radaren noch analogen Radarsignale direkt im Gerät digitalisiert und anschließend digital weiterverarbeitet, was die Flexibilität der Einsatzmöglichkeiten weiter erhöht. Derartige Radare können zunehmend wie ein Insektenauge beobachten, das seine Umgebung zu jedem Zeitpunkt in alle Richtungen gleichzeitig vollständig im Blick hat. Dagegen beleuchten mechanisch bewegte Radare zu einem bestimmten Zeitpunkt nur einen sequenziellen Ausschnitt der Hemisphäre, was die Zielverfolgung multipler Ziele bei gleichzeitiger Zielsuche erschwert.
Volldigitale Radare der Zukunft agieren im Verbund; ihre Daten fließen in einem umfassenden Lagebild zusammen. Während künftig beispielsweise Radardrohnen dicht an den Gegner heranfliegen, um aktiv Daten einzusammeln – mit der Gefahr ihrer Entdeckung und Zerstörung – generieren parallel dazu stärkere passive Radarsysteme unentdeckt und außerhalb des gegnerischen Zielradius Daten aus der Entfernung. So werden die Ziele entdeckt, nicht aber die eigenen bemannten Systeme des Verteidigers. Die Reichweite des Radars steigt bei gleichzeitig größerer Sicherheit für die Einsatzkräfte.
AESA-Radare zeigen bereits heute, wie durch Digitalisierung künftig deutlich mehr verschiedene Funktionen in einem System integriert werden können. In Zukunft werden multifunktionale Hochfrequenzsysteme die Radarfunktionen, Funktionen des elektronischen Kampfs sowie Kommunikationsfunktionen in einem System vereinen. Statt der Hardware werden dann Software und die Geschwindigkeit der Datenverarbeitung zu den bestimmenden Faktoren der einzelnen Funktionseinheiten.
Diese Multifunktionalität spart nicht nur Platz und Gewicht, was insbesondere für bemannte und unbemannte Luftfahrzeuge wichtig ist, sondern erlaubt auch eine heute noch unerreichte Flexibilität der Sensorfunktionen. Dies gilt insbesondere dann, wenn viele solcher multifunktionaler Hochfrequenzsysteme und volldigitaler Radarsysteme über Datenlinks sensor- und plattformübergreifend zusammenarbeiten. So entsteht durch fortschreitende Digitalisierung ein sogenanntes Meta-Sensorsystem.
HENSOLDT treibt die Entwicklung volldigitaler Radarsysteme und multifunktionaler Hochfrequenzsysteme von morgen auch im Rahmen von Kooperationsprogrammen des Europäischen Verteidigungsfonds voran – etwa in den Programmen CROWN und ARTURO gemeinsam mit weiteren führenden europäischen Verteidigungsunternehmen wie Indra, Thales, Saab und LEONARDO. So entstehen in Zusammenarbeit wegweisende Technologien, die die europäische Verteidigungsfähigkeit sicherstellen.