2029 soll mit der Eurodrohne ein ambitioniertes europäisches Kooperationsvorhaben abheben. Als unbemanntes Flugsystem muss sie selbstständig den Luftverkehr um sich herum erkennen und anderen Flugobjekten ausweichen können. Mit dem „Detect and Avoid“-Radar macht HENSOLDT den sicheren Luftraum der Zukunft möglich.
Das Drohnensystem European MALE RPAS (Medium Altitude Long Endurance Remotely Piloted Aircraft System), bekannt als Eurodrohne, soll künftig alle Aufgaben der luftgestützten abbildenden und signalerfassenden Aufklärung und Überwachung erfüllen. Auch eine Luftnahunterstützung von Bodentruppen ist geplant. Damit wird die Eurodrohne die europäische Souveränität mit einer eigenständigen Kompetenz im Bereich der unbemannten Luftfahrt stärken.
Als ein Leuchtturmprojekt des Europäischen Verteidigungsfonds wird die Eurodrohne unter deutscher Leitung gemeinsam mit Frankreich, Italien und Spanien entwickelt und unterstreicht so Deutschlands Rolle als verantwortungsvoller außen- und sicherheitspolitischer Akteur in der NATO und der EU. Nachdem 2022 das zweite Durchführungsabkommen für die Eurodrohne unterzeichnet wurde, sollen voraussichtlich 2029 die ersten Exemplare ausgeliefert werden. Dann muss die Eurodrohne andere Luftfahrzeuge selbstständig erkennen und ihnen ausweichen können. Die dafür notwendige Technologie stellt HENSOLDT.
Mit seinem „Detect and Avoid“ (DAA)-Radar schafft HENSOLDT bereits heute die technischen Voraussetzungen, um autonome Drohnen vollständig in den Luftraum der Zukunft zu integrieren. Damit bedient das Unternehmen einen dynamisch wachsenden Markt: Unbemannte Flugsysteme spielen sowohl in militärischen als auch in zivilen Anwendungen eine immer größere Rolle. Allein für zivile Nutzungen – beispielsweise für Rettungseinsätze, Geländekartierung oder Logistikanwendungen – werden sich bis 2025 schätzungsweise mehr als 2,5 Millionen Drohnen weltweit im Einsatz befinden. Rund 100 Nationen nutzen Drohnen schon heute im militärischen Bereich.
Das DAA-Radar von HENSOLDT arbeitet mit der elektronischen Strahlschwenkung „Active Electronically Scanning Array“ (AESA), mit der es einen Bogen von 220 Grad bis zu einer Entfernung von 20 Kilometern abdeckt. Die Technologie vereint dabei eine ultrahochauflösende Überwachung des gesamten Luftraums mit einer schnellen automatischen Erfassung und Verfolgung anderer Flugsysteme. Zusätzlich kann es den Boden erfassen, so die Navigation verbessern und sogar als Landehilfe genutzt werden. Mit zusätzlichen Funktionen wie der Wettererkennung unterstützt es die Navigation von Drohnen durch Turbulenzen in der Nähe von Stürmen.
Dietmar Klarer, Leiter der Abteilung für neuartige Radarsysteme und -konzepte bei HENSOLDT, sagt: „Durch seine Skalierbarkeit eignet sich das DAA-Radar von HENSOLDT für kleine zivile Luftfahrzeuge wie Hubschrauber und unbemannte Lufttaxis ebenso wie für große militärische Drohnen. Im militärischen Einsatz bietet es zudem eine erhöhte Resistenz gegen Störversuche. So ersetzt das DAA-Radar von HENSOLDT die Wahrnehmung des Piloten durch ein technisches System, das dem menschlichen Auge weit überlegen ist: sowohl in der Reichweite als auch bei der Genauigkeit und Entdeckungswahrscheinlichkeit.“
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat HENSOLDT sein DAA-Radar in ein Forschungsflugzeug integriert und bereits mehrfach getestet. Unter Aufsicht eines Sicherheitspiloten stellte es dabei seine Fähigkeiten unter Beweis. Das Resultat: Das DAA-Radar erkannte verlässlich andere Flugzeuge, die den Test begleiteten, und leitete erfolgreich Ausweichmanöver ein. Auf einer Entfernung von bis zu 20 Kilometern konnte es die Flugzeuge erfolgreich erkennen und verfolgen.
Als integrierter Bestandteil kann das DAA-Radar mit anderen Komponenten des umfangreichen DAA-Systems von HENSOLDT kombiniert werden: mit optischen Sensoren, Transpondern, einem Kollisionsvermeidungssystem sowie Kommando- und Kontrolldatensystemen. Alle Daten werden dann im DAA-Rechner zusammengeführt und liefern eine allumfassende Informationsbasis.
In mehreren nationalen und europäischen Projekten beteiligt sich HENSOLDT darüber hinaus auch an der gemeinsamen Entwicklung von DAA-Systemen. Unter anderem liefert HENSOLDT das DAA-Radar für EUDAAS (European Detect and Avoid System) – ein Projekt zur Entwicklung eines europäischen Standards zur Erkennung und Vermeidung für den sicheren Einsatz in großen militärischen ferngesteuerten Flugsystemen im europäischen Luftverkehr. Die ersten Flugtests sollen 2023 beginnen.
Darüber hinaus engagiert sich HENSOLDT in Initiativen wie ACAS X (Airborne Collision Avoidance System) mit dem Ziel, europäische Normen für diese Technologie zu gestalten und festzulegen sowie diese dann mit anderen internationalen Normen in Einklang zu bringen – insbesondere mit denen der US-amerikanischen Federal Aviation Administration.
Aufgrund der wachsenden Nachfrage nach DAA-Systemen läuft bei HENSOLDT die Entwicklung der nächsten Technologiegeneration auf Hochtouren. Ein neues DAA-System mit einem MIMO-Radar (Multiple-Input Multiple-Output) soll in der Flugzeugnase montiert eine 360‑Grad-Abdeckung bieten und darüber hinaus auch Hindernisse bei eingeschränkter Sicht sowie kleinere Drohnen entdecken können. In militärischen Anwendungen könnte es zusätzlich feindliche Angriffe anzeigen. Deutlich kleiner als das bisherige DAA-Radar kann es zudem mit einem zweiten, noch kleineren Radar kombiniert werden, das an der Seite eines Luftfahrzeugs angebracht zusätzlich das nähere Umfeld abdeckt.
Im Rahmen des Luftforschungsprogramms des deutschen Wirtschaftsministeriums untersucht HENSOLDT bereits die Anwendung der MIMO-Technologie für Lufttaxis und Hubschrauber im städtischen Umfeld sowie im weiteren Luftraum. Dabei soll auch die Verbindung der DAA-Fähigkeiten des Systems mit anderen Radarsystemen für die Verfolgung, Datenübertragung und Kontrolle entwickelt und erprobt werden. Die ersten Flugtests in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sind ebenfalls für 2023 geplant.
„Maschinen zum Laufen bringen“ Seit 2013 betreut Jens Henning die „Detect and Avoid“-Systeme bei HENSOLDT. Als Pionier im Bereich der Integration von Drohnen in den allgemeinen Luftraum hat er HENSOLDT gemeinsam mit seinem Team zu einem europaweit führenden Unternehmen für den Einsatz von Radartechnologien zur Kollisionswarnung gemacht. Zahlreiche Testflüge belegen eindrucksvoll den Erfolg. Darüber hinaus betreut Jens Henning regelmäßig Studenten bei ihren Abschlussarbeiten zu Themen wie „Augmented Reality für Radardisplays“ oder „Passivradare für die Kollisionswarnung“. Über seine Arbeit sagt er: „Ich liebe es, Maschinen zum Laufen zu bringen und komplexe technische Probleme zu lösen. Wenn man erstmal die Knackpunkte gelöst hat, ist es gar nicht mehr so schwierig.“ Für sein Engagement für die Technologien und Talente von morgen erhielt Jens Henning den HENSOLDT Award 2022, den jährlichen Mitarbeiterpreis für herausragende Beiträge zum Unternehmenserfolg. Die Teilnehmer des Wettbewerbs werden von ihren Kollegen nominiert. Eine Jury wählt die Finalisten aus, deren Gewinner dann in einer Abstimmung unter allen Mitarbeitern ermittelt werden. Ihr Votum würdigt Leidenschaft, Teamgeist und Unternehmertum der Preisträger.